Im Binnenchor des Kölner Domes steht mit seinen 104 Sitzen eines der größten erhaltenen mittelalterlichen Chorgestühle.
Hohe Domkirche Köln, Dombauhütte; Foto: J. Rumbach

So wie die erste Stalle auf der Nordseite dem Papst vorbehalten war, war der Ehrensitz am östlichen Ende der Südseite für den Deutschen König beziehungsweise den Kaiser reserviert. Während seiner Abwesenheit stand in der Nische ein Konsolpfeiler mit einem Bildnis Kaiser Konstantins als Stellvertreterbild. Sowohl das Bildnis Konstantins, als auch das Bildnis Papst Silvesters gingen im 18. Jahrhundert verloren.
Matthias Deml, Kunsthistoriker

Detailansichten
Hohe Domkirche Köln, Dombauhütte; Foto: Matz und Schenk
Beichte, Samson und Delila

Zwischen den Voluten ist links eine Beichtszene dargestellt. Ein Mönch nimmt einer Nonne die Beichte ab. Die zusammengesunkene Nonne hat ihre zum Gebet gefalteten Hände in seine linke Hand gelegt. Seine rechte Hand liegt segnend auf ihrem Kopf. Auf der rechten Seite schneidet Delila dem schlafenden Samson das Haupthaar. Auf diese Weise verliert Samson seine bisher unbesiegbaren Kräfte. Neben der Warnung vor Weiberlist bzw. den negativen Auswirkung der irdische Liebe, weist die Darstellung des Aufsatzes auf die Möglichkeit hin, verlorene Gnade mit Hilfe der Beichte wiederzuerlangen.
Dr. Marc Steinmann, Kunsthistoriker

Hohe Domkirche Köln, Dombauhütte; Foto: Matz und Schenk
Badende und Ritter mit Flasche

Ein höfisch gekleideter Jüngling nähert sich mit einer Weinflasche einer Dame im Badezuber.
Dr. Marc Steinmann, Kunsthistoriker

Hohe Domkirche Köln, Dombauhütte; Foto: Matz und Schenk
Judensau

Die beiden Vierpässe dieser Wange sind ein unverhohlenes Zeugnis für den mittelalterlichen Antijudaismus in Köln, obwohl die Juden unter dem Schutz des Erzbischofs standen. Links hält ein Jude eine Sau an den Vorderpfoten empor. Ein zweiter Jude füttert die Sau und ein dritter kniet nieder, um an den Zitzen der Sau zu trinken. Im rechten Vierpaß wird eine Sau mit drei Ferkeln aus einem Trog gekippt. Von rechts führt ein Jude einen Knaben heran, der durch einen Kreuznimbus ausgezeichnet ist. Neben der Verunglimpfung der Juden durch den Umgang mit dem nach jüdischer Vorstellung unreinen Schwein wird in der Darstellung der Vorwurf des Ritualmordes an christlichen Kindern erhoben.
Dr. Marc Steinmann, Kunsthistoriker

Hohe Domkirche Köln, Dombauhütte; Foto: Matz und Schenk
Adler mit Jungen

Die Zwickelfüllung der Wange zeigt einen Adler, der mit einem Jungen in den Klauen zur Sonne fliegt. Unter dem Adler ist das Nest mit zwei weiteren Jungen sichtbar. Der mit seinen Jungen zur Sonne fliegende Adler diente häufig als Symbol der Himmelfahrt Christi. Im vorliegenden Fall könnte auch eine Jungenprobe gemeint sein. Hierbei nähert sich der Adler mit seinen Jungen der Sonne und verstößt diejenigen, die das Sonnenlicht nicht vertragen können. Der Knauf unterhalb der Sonne gehört nicht mehr zur Zwickelfüllung und zeigt Samsons Löwenkampf.
Dr. Marc Steinmann, Kunsthistoriker

Hohe Domkirche Köln, Dombauhütte; Foto: Matz und Schenk
Aristoteles und Phyllis

Nachdem der Philosoph Aristoteles seinen Schüler Alexander den Großen ermahnt hatte, seine Pflichten als König nicht wegen seiner Geliebten Phyllis zu vernachlässigen, sinnt diese auf Rache. Sie schafft es, daß der Philosoph sich öffentlich demütigt, indem er ihr als Reittier dient. Eine weitere Darstellung der Weiberlist ist im Chorgestühl mit der Geschichte von Samson und Delila vorhanden.
Dr. Marc Steinmann, Kunsthistoriker

Hohe Domkirche Köln, Dombauhütte; Foto: Matz und Schenk
Jungfrau mit Einhorn, Jäger

Im rechten Vierpaß stürmt ein Jäger von rechts heran. Er hat gerade einen Pfeil von seinem Bogen abgeschossen. Durch den Pfeil wurde ein Einhorn im benachbarten Vierpaß getroffen. Neben dem Einhorn sitzt eine Jungfrau auf einer Bank und hält eine Schriftrolle in der linken Hand. Der Kopf des Einhorns ruht im Schoß der Frau. Der Legende nach konnte das Fabeltier nur durch eine Jungfrau gefangen werden. Dies ist als Symbol für die Menschwerdung Christi durch die Jungfrau Maria zu deuten. Im Chorgestühl kommt die sonst nicht übliche Jagdszene hinzu. Dies könnte als Hinweis auf den Opfertod Christi verstanden werden.
Dr. Marc Steinmann, Kunsthistoriker

Hohe Domkirche Köln, Dombauhütte; Foto: Matz und Schenk
Blattmaske, Kugelspieler

Der linke Vierpaß zeigt eine Blattmaske mit menschlichen Gesichtszügen. Der rechte Vierpaß ist gefüllt mit einem Kugelspieler. Der bärtige Mann ist mit einer grotesk verrenkten Körperhaltung im Begriff eine Kugel zu werfen. Spieler sind in der mittelalterlichen Kunst häufig im Zusammenhang mit Darstellungen der Laster verwendet worden.
Dr. Marc Steinmann, Kunsthistoriker

Hohe Domkirche Köln, Dombauhütte; Foto: Matz und Schenk
Daniel in der Löwengrube

Neben vielen Lastern zeigen die Skulpturen des Chorgestühls auch Tugenden. So die beispielhafte Haltung Daniels in der Löwengrube. Daniel wird angeklagt , gegen königliches Verbot an seiner Religion festgehalten zu haben. Daraufhin läßt der König von Babylon seinen Günstling Daniel in die Löwengrube werfen, aus der er am nächsten Tag unversehrt entsteigt. Die Ankläger dagegen überleben nicht die Löwengrube, in die sie nach der Befreiung Daniels selbst geworfen wurden. Die Geschichte Daniels ist nicht nur Zeichen der Hoffnung auf Errettung und Erlösung, sondern auch Symbol für die Tugend der Geduld.
Dr. Marc Steinmann, Kunsthistoriker

Hohe Domkirche Köln, Dombauhütte; Foto: Matz und Schenk
Stürzender Ritter

Durch einen Pfeil getroffen, stürzt ein Ritter von seinem Pferd. Solche stürzenden Ritter werden als Symbol der Superbia (Hochmut) interpretiert. Bemerkenswert ist, wie der Künstler die dreieckige Grundform der Konsole mit Reiter und Pferd ausfüllt. Ausführlich wird die Rüstung des Ritters dargestellt, so beispielsweise der Helm mit aufgeklapptem Visier.
Dr. Marc Steinmann, Kunsthistoriker

Hohe Domkirche Köln, Dombauhütte; Foto: Matz und Schenk
Bischof und Nonne

Eine Fülle von Mischwesen, halb Tier halb Mensch, bevölkern das Chorgestühl. Diese Mischwesen haben neben einer dekorativen Funktion häufig auch die Aufgabe, das Böse zu personifizieren. Pikanterweise erscheinen die beiden Mischwesen auf dieser Miserikordie in ihren Oberkörpern als Bischof und Nonne. Der Bischof bläst in ein kurzes Jagdhorn, was ein Hinweis auf die Vernachlässigung der liturgischen Pflichten durch die Jagdleidenschaft sein könnte. Die Nonne hält ein aufgerolltes Schrift- oder Notenband in der Hand. (MS)
Dr. Marc Steinmann, Kunsthistoriker

Hohe Domkirche Köln, Dombauhütte; Foto: Matz und Schenk
Blattmaske

Die Blattmasken des Chorgestühls sind unterschiedlich gestaltet. Die Formen der Blätter differieren, ebenso die menschlichen Gesichtszüge. Die vorliegende Miserikordie zeichnet sich durch den langen, zweigeteilten Bart aus.
Dr. Marc Steinmann, Kunsthistoriker

Beichte, Samson und Delila
Badende und Ritter mit Flasche
Judensau
Adler mit Jungen
Aristoteles und Phyllis
Jungfrau mit Einhorn, Jäger
Blattmaske, Kugelspieler
Daniel in der Löwengrube
Stürzender Ritter
Bischof und Nonne
Blattmaske