Altar der Stadtpatrone
Der von dem Kölner Maler Stefan Lochner († 1451) für die Ratskapelle der Stadt Köln um 1442 gemalte Flügelaltar ist das bedeutendste Werk der spätgotischen Kölner Malerschule.
Hohe Domkirche Köln, Dombauhütte; Foto: Matz und Schenk

Die Feiertagsseite des Altares präsentiert die wichtigsten Heiligen der Freien Reichsstadt Köln. Im Zentrum des Altares ist die Gottesmutter Maria mit dem Christuskind dargestellt, der sich die Heiligen Drei Könige mit Ihrem Gefolge in Anbetung zuwenden. Sie symbolisieren gleichermaßen die drei Lebensalter des Jünglings, des reifen Mannes und des Greises wie die drei bekannten Kontinente Afrika, Asien und Europa. Die Seitenflügel zeigen die Heilige Ursula mit ihrem Gefolge und den Heiligen Gereon mit der Thebäischen Legion.
Matthias Deml, Kunsthistoriker

Das Evangelium nach Matthäus 2, 1-12
Als Jesus zur Zeit des Königs Herodes in Betlehem in Judäa geboren worden war, kamen Sterndeuter aus dem Osten nach Jerusalem und fragten:
Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen.
Als König Herodes das hörte, erschrak er und mit ihm ganz Jerusalem.
Er ließ alle Hohenpriester und Schriftgelehrten des Volkes zusammenkommen und erkundigte sich bei ihnen, wo der Messias geboren werden solle.
Sie antworteten ihm: In Betlehem in Judäa; denn so steht es bei dem Propheten:
Du, Betlehem im Gebiet von Juda, bist keineswegs die unbedeutendste unter den führenden Städten von Juda; denn aus dir wird ein Fürst hervorgehen, der Hirt meines Volkes Israel.
Danach rief Herodes die Sterndeuter heimlich zu sich und ließ sich von ihnen genau sagen, wann der Stern erschienen war.
Dann schickte er sie nach Betlehem und sagte: Geht und forscht sorgfältig nach, wo das Kind ist; und wenn ihr es gefunden habt, berichtet mir, damit auch ich hingehe und ihm huldige.
Nach diesen Worten des Königs machten sie sich auf den Weg. Und der Stern, den sie hatten aufgehen sehen, zog vor ihnen her bis zu dem Ort, wo das Kind war; dort blieb er stehen.
Als sie den Stern sahen, wurden sie von sehr großer Freude erfüllt.
Sie gingen in das Haus und sahen das Kind und Maria, seine Mutter; da fielen sie nieder und huldigten ihm. Dann holten sie ihre Schätze hervor und brachten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe als Gaben dar.
Weil ihnen aber im Traum geboten wurde, nicht zu Herodes zurückzukehren, zogen sie auf einem anderen Weg heim in ihr Land.

Bibel
Detailansichten
Hohe Domkirche Köln, Dombauhütte, Foto: Matz und Schenk
Gottesmutter Maria

Das Zentrum des geöffneten Altars bildet die frontal thronende Figur der Gottesmutter mit dem Jesuskind auf dem Schoß. Zwei Bildthemen fließen hier zusammen: einmal der italienische Bildtypus der 'Maestà', bei der um eine in der Mitte thronende Madonna stehende und kniende Heilige gruppiert werden, zum anderen die Anbetung der Könige als Hauptszene der wichtigsten Stadtpatrone Kölns. Die italienische Bildschöpfung versammelt ebenfalls Patrone der jeweiligen Stadt um Maria, kann also durchaus auch auf den Kölner Altar, der ja ursprünglich in der Ratskapelle stand, eingewirkt haben. Lochners Gestaltungskraft erweist sich in dem geglückten Ausgleich zwischen Repräsentations- und Erzählbild.
Dr. Rolf Lauer, Kunsthistoriker

Hohe Domkirche Köln, Dombauhütte; Foto: Matz und Schenk
Vorhang haltender Engel

Den kostbaren Vorhang hinter der zentralen Marienfigur der Mitteltafel halten zwei fliegende Engel. Das Vorhangmotiv hebt Maria zusätzlich vom Goldgrund ab. Die kindlich anrührenden Engelsfiguren symbolisieren die Schönheit des Paradieses. Bei keiner anderen Bildschöpfung wird das Streben nach idealer Schönheit in der Kunst des sogenannten 'Schönen Stils' des frühen 15. Jahrhunderts deutlicher als bei Lochners Engelsfiguren.
Dr. Rolf Lauer, Kunsthistoriker

Hohe Domkirche Köln, Dombauhütte; Foto: Matz und Schenk
Mantelschließe Mariens

Die zentral thronende Maria auf der Mitteltafel trägt das kostbarste Schmuckstück aller auf dem Altar dargestellten Heiligen. Es handelt sich um ein in Goldemail und mit Perlen und Edelsteinen gearbeitetes Geschmeide. Solche Schmuckstücke wurden vorwiegend im Umkreis des burgundischen Hofes gefertigt und galten als kostbarster höfischer Besitz. Die Mantelschließe des Mariengewandes zeigt ein in mittelalterlicher Zeit sehr beliebtes Thema, nämlich die Jagd nach dem Einhorn, das hier schon im Schoß eines sitzenden Mädchens ruht. Im religiösen Bereich ist das Einhorn Symbol der Reinheit Mariens.
Dr. Rolf Lauer, Kunsthistoriker

Dombauhütte Köln
Alter König

Die Anbetung der Könige auf der Mitteltafel des Altares ist, abweichend von der üblichen Komposition, nicht erzählerisch aufgebaut, sondern statisch zentriert. Deshalb werden zwei kniende Könige symmetrisch rechts und links der Madonnenfigur angeordnet. Wie die Legende erzählt, vertraten die Könige auch drei verschiedene Lebensalter. So wird einer immer als Greis dargestellt. Beim Altar der Stadtpatrone ist dies der links Kniende. Er hat sein Geschenk an das Jesuskind, ein kleines goldenes Kästchen, vor sich auf den Blumenrasen gestellt. Als der würdigste der Könige ist er mit einem roten Samtgewand besonders reich gekleidet, am Gürtel trägt er eine kostbare Geldtasche.
Dr. Rolf Lauer, Kunsthistoriker

Hohe Domkirche Köln, Dombauhütte, Foto: Matz und Schenk
Mittelalter König

Der rechts von Maria kniende König symbolisiert das reife Mannesalter. Er ist in ein kostbares Gewand aus grünem Seidenstoff mit Pelzbesatz gekleidet, in der Hand trägt er als Geschenk für das Jesuskind einen silbernen, teilweise vergoldeten Doppelpokal. Solche wertvollen Gefäße wurden sicher auch in Köln hergestellt, das eines der bedeutendsten europäischen Zentren der Goldschmiedekunst war. Stefan Lochners Wohnhaus stand in der Nähe des Kölner Rathauses in einer Gegend, in der auch zahlreiche Goldschmiede ansässig waren.
Dr. Rolf Lauer, Kunsthistoriker

Hohe Domkirche Köln, Dombauhütte; Foto: Matz und Schenk
Königsfahne

Im Gefolge der Heiligen Drei Könige auf der Mitteltafel des Altares finden sich auch drei Fahnenträger, die die Wimpel der Könige tragen. Das Motiv ist dem höfischen Umkreis entlehnt und soll die königliche Herkunft der Besucher aus dem Morgenland verdeutlichen. Der Wimpel des dritten Königs zeigt einen Krieger in phantastischer orientalischer Kleidung. Der Fahnenträger selbst ist mit negroiden Gesichtszügen wiedergegeben und soll vermutlich den Erdteil Afrika versinnbildlichen.
Dr. Rolf Lauer, Kunsthistoriker

Hohe Domkirche Köln, Dombauhütte; Foto: Matz und Schenk
Heilige Ursula

Die hl. Ursula ist als Stadtpatronin auf dem linken Flügel des Altares durch das leuchtend rote Gewand, den Goldnimbus, den Pfeil als Attribut des Martyriums, die Krone, die sie als englische Königstochter bezeichnet und das wertvolle Schmuckstück auf ihrer Brust hervorgehoben. Hermelinbesatz am Mantel und goldgemusterter Stoff unterstreichen ebenfalls ihre königliche Herkunft.
Dr. Rolf Lauer, Kunsthistoriker

Ursula und ihre Gefährtinnen
Der Legende nach war Ursula eine englische Königstochter und lebte im 3. Jahrhundert. Schon früh hatte die junge Christin ewige Jungfräulichkeit gelobt. Aber der heidnische Königssohn Aetherius begehrte sie zur Gemahlin und drohte bei Weigerung mit Krieg. Da erbat sich Ursula eine dreijährige Frist, machte aber auch die Bekehrung des Bräutigams zum Christentum zur Bedingung für die Hochzeit. Als die Frist abgelaufen war brach sie mit 11000 Jungfrauen mit Schiffen in England auf, geriet aber auf dem Kanal in einen schweren Sturm, der sie in die Waalmündung verschlug. Von dort gelangten sie nach Köln. Da erschien Ursula ein Engel und befahl ihr weiter nach Rom zu pilgern. So fuhr Ursula mit ihren Gefährtinnen den Rhein hinauf bis Basel und pilgerte von dort zu Fuß nach Rom.
Auf dem Rückweg erlitten Ursula und ihre Gefährtinnen in Köln das Martyrium durch die Pfeile der Hunnen, die die Stadt belagerten. Ursula wurde wegen ihrer großen Schönheit zunächst verschont, da der Hunnenkönig sie für sich begehrte. Als sie sich aber weigerte ihm zu Willen zu sein, wurde auch sie mit dem Pfeil getötet.

Ursula wird als junge Königstochter dargestellt.

Hohe Domkirche Köln, Dombauhütte; Foto: Matz und Schenk
Heiliger Aetherius

Obwohl der hl. Aetherius ebenfalls in Köln das Martyrium erlitt und als Heiliger verehrt wird, wie die Legende erzählt, tritt er doch in Lochners Darstellung hinter der hl. Ursula zurück. Ihm fehlt der Goldnimbus. Besonders prächtig ist jedoch sein Gewand gestaltet, das ihn als englischen Königssohn auszeichnet. Für die Reliquien des Verlobten der hl. Ursula wurde im 12. Jahrhundert ein kostbarer Reliquienschrein angefertigt, der heute noch im Schatz der Kölner Ursulakirche erhalten ist.
Dr. Rolf Lauer, Kunsthistoriker

Hohe Domkirche Köln, Dombauhütte; Foto: Matz und Schenk
Jungfrauenschar

Der Legende nach wurden zusammen mit der hl. Ursula in Köln 11000 Jungfrauen von den Hunnen ermordet. Das römische Gräberfeld bei der Kirche St. Ursula war in mittelalterlicher Zeit Anlaß, Reliquien aus der Schar der ursulanischen Jungfrauen in viele Länder Europas zu exportieren. Die Jungfrauen wurden zusammen mit den Heiligen Drei Königen und den Märtyrern der thebäischen Legion als Patrone der Stadt Köln verehrt. Deshalb erscheinen sie auch als in die Tiefe gestaffelte und deshalb nicht zählbare Schar im Gefolge der hl. Ursula auf dem linken Flügel des Altares. Sie bilden das weibliche Gegenstück zu der männlichen Gruppe der Ritter auf dem rechten Flügel.
Dr. Rolf Lauer, Kunsthistoriker

Hohe Domkirche Köln, Dombauhütte; Foto: Matz und Schenk
Beinschiene eines Ritters

In den Beinschienen der Ritterrüstungen, die die Märtyrerheiligen der thebäischen Legion auf dem rechten Flügel des Altares tragen, spiegeln sich in auffälliger Weise Fensterkreuze. Dies ist einmal sicher Beleg der virtuosen malerischen Kunstfertigkeit Lochners - die Wiedergabe solcher die Augen täuschender Spiegelungen galten schon seit der Antike als Beweis höchster künstlerischer Leistung - zum andern könnte darin aber auch ein Hinweis auf den Standort des Altares verborgen sein: die Kölner Ratskapelle hatte nur an der rechten Seite Fenster.
Dr. Rolf Lauer, Kunsthistoriker

Hohe Domkirche Köln, Dombauhütte; Foto: Matz und Schenk
Hirschkäfer

Zu Füßen eines der jugendlichen Ritter auf dem rechten Flügel des Altares ist ein kleines Rasenstück mit einer Akelei und einem Hirschkäfer gemalt. Das Rasenstück ist Teil der über die ganze Tafel gebreiteten Pardieseswiese, die ähnlich auch auf der Mitteltafel des Genter Altares von Jan van Eyck von 1432 vorkommt. Ob damit nur allgemein auf das Paradies, das die Märtyrer aus der Schar des hl. Gereon erwartet, angespielt ist, oder ob der Hirschkäfer, wie vermutet wurde, auf die Kölner Familie Hirzelin verweist, die ein Hirschgeweih im Wappen trägt, muß offen bleiben. Falls dies zuträfe, wäre der tatsächlich sehr auffällig ins Bild gesetzte Käfer vielleicht Hinweis auf eine Stiftung für den Altar.
Dr. Rolf Lauer, Kunsthistoriker

Gottesmutter Maria
Vorhang haltender Engel
Mantelschließe Mariens
Alter König
Mittelalter König
Königsfahne
Heilige Ursula
Heiliger Aetherius
Jungfrauenschar
Beinschiene eines Ritters
Hirschkäfer