Neuerscheinung Kölner Domverlag Kölner Domblatt 2022

Auch im Jubiläumsjahr 2022 ist das Kölner Domblatt wieder pünktlich vor Weihnachten im Kölner Domverlag erschienen. Es handelt sich um die 87. Folge des Jahrbuchs des Zentral-Dombau-Vereins (ZDV).

16.12.2022Von Matthias Deml


Das 2022 mit zahlreichen Festlichkeiten begangene Jubiläum der 700-Jahrfeier der Weihe des gotischen Domchores am 27. September 1322 prägt in diesem Jahr auch das Kölner Domblatt. So ziert das Titelbild eine kolorierte Lithografie des Kölner Stadtbaumeisters Johann Peter Weyer von 1827. Sie zeigt den mittelalterlichen Domchor von Osten – wenige Jahre nach dem Abbruch der Stiftskirche St. Maria ad Gradus. Auch die wissenschaftlichen Beiträge haben in diesem Jahr einen thematischen Schwerpunkt auf Themen des Domchores und seiner Annexe.

Das Kölner Domblatt selbst konnte in diesem Jahr seinen 180. Geburtstag begehen. Erstmals 1842 herausgegeben, erschien es bis 1892 als Beilage der Sonntagsausgabe der Kölnischen Zeitung – anfangs wöchentlich, später in immer größeren Abständen. Zum Domjubiläum 1948 wurde es wiederbegründet und erscheint seither als Jahrbuch.

Wie gewöhnlich steht am Beginn des Jahrbuchs der Dombaubericht von Dombaumeister Peter Füssenich, der die Arbeiten der Dombauhütte im vergangenen Jahr darstellt. Schwerpunkt­baustellen waren die Konservierung des mittelalterlichen Trachytmauerwerks des Chorkapellen­kranzes sowie die Fortführung der Restaurierungsarbeiten an der Südquerhausfassade, am Michaelsportal und im Bereich des Strebewerks auf der Südseite des Domes. Neben der Restaurierung der mittelalterlichen Chorobergadenfenster und der Teilrekonstruktion von Fenstern des Welterzyklus im Querhaus-Obergaden lag in der Glasrestaurierungswerkstatt der Dombau­hütte ein von der Öffentlichkeit vielbeachteter Arbeitsschwerpunkt auf der Restaurierung von Obergadenfenstern aus dem Langhaus der Pariser Kathedrale Notre-Dame. Für das Dombauarchiv konnten als besondere Objekte unter anderem eine Figurenkonsole aus Holz des mittelalterlichen Domkrans sowie ein um 1920 entstandenes Modell des Kopfes des hl. Michael für das Kriegerdenkmal von Georg Grasegger angekauft werden.

Cover des Kölner Domblatt 2022

Visualisierung des Domchores um 1500

Georg Grasegger, Modell für den Kopf des Michael am Kriegerdenkmal des Kölner Domes, um 1920

Figurenkonsole aus Domkranholz, nach 1868

Restaurierung eines stark verwitterten Rundsabs in Fensterprofil F 15-F 15.1.

Restaurierter Rundstab an Fensterprofil F 15-F 15.1, Endzustand

Der 1322 geweihte Domchor von Osten

Johann Peter Weyer, Domchor von Osten, Lithografie 1827

Maria-Engel-Gruppe in der Domschatzkammer, um 1270

In ihrem an den Dombaubericht anschließenden Werkbericht stellen der stellvertretende Dombaumeister Albert Distelrath und die Leiterin der Steinrestaurierungswerkstatt Tanja Pinkale das Erhaltungskonzept für den Drachenfelstrachyt bei der begonnenen Konservierung der Chorkranzkapellen vor. Es hat sich gezeigt, dass sich im Mauerwerk der Chorkapellen trotz eingreifender Erneuerungen im 19. und 20. Jahrhundert der Großteil der mittelalterlichen Bausubstanz, teilweise sogar noch mit Originaloberflächen und mittelalterlichen Werkzeugspuren, erhalten hat. In ihrem Bericht stellen sie nicht nur die Schadensbilder und die konkreten Konservie­rungs­­maßnahmen vor, sondern auch die zahlreichen interdisziplinären und bauhütten­übergreifenden Untersuchungen, durch deren wissenschaftliche Erkenntnisse das auf den Drachenfels-Trachyt abgestimmte Restaurierungsverfahren entwickelt wurde.

Auf die beiden Beiträge zu den Arbeiten der Kölner Dombauhütte folgen vier größere kunst- und liturgiehistorische Beiträge, die sich in diesem Jahr auf die Baugeschichte und Liturgie des gotischen Domchores, das Patrozinium der zugehörigen Sakristei sowie die hochgotische Domskulptur konzentrieren. 

Maren Lüpnitz ergänzt in ihrem Beitrag die bisherige Forschung zur Baugeschichte des mittelalterlichen Domchores um neue bauhistorische Beobachtungen, die sie im Rahmen der laufenden Restaurierung der nordwestlichen Chorkapellen am Mauerwerk der Engelbert- und Maternuskapelle durchgeführt hat und stellt diese in den Kontext der Baugeschichte. In ihrer Analyse kann sie zeigen, wie sich der Bauprozess vollzogen hat, wie im Bauprozess Maßungenauigkeiten korrigiert wurden und wie die Bautechnik und die Vorfertigung von Bauteilen im Einzelnen aussah. Für die Wände des Chorobergadens legt sie unter Verweis auf die dendro­chronologische Untersuchung eines mittelalterlichen Balkenrests im Obergaden eine Vollendung der Wandbereiche bereits um 1285 nahe. Die Vollendung des Strebewerks und der Einwölbung des Chores sowie die Errichtung der provisorischen Chortrennmauer datiert sie eher vor als nach 1300.

Mit der Madonna-Engel-Gruppe in der Domschatzkammer und den Anfängen der Kölner Hochgotik setzt sich die Studie von Tobias Kunz auseinander. Die beiden nur fragmentarisch erhaltenen Kalksteinskulpturen waren von der bisherigen Forschung nur wenig beachtet worden. In seiner Analyse gelingt es Kunz, das ursprüngliche Bildprogramm einer von zwei Engeln mit Weihrauch­fässern inzensierten Madonnenfigur zu rekonstruieren und sowohl das Bildprogramm als auch den Stil der Figuren in Zusammenhang mit französischer Kathedralskulptur der Mitte des 13. Jahrhunderts und hier insbesondere mit Skulpturen der Kathedrale von Reims zu bringen. Abschließend diskutiert er die Frage der ursprünglichen Aufstellung, wobei er sowohl eine Nutzung als Portalskulpturen als auch eine Aufstellung in einem Altarretabel für möglich hält. Für beides gäbe es am Dom und an den ehemaligen im Domumfeld stehenden Marienkirchen mehrere denkbare Aufstellungsorte.

Die sakrale Binnentopografie und Liturgie beim Übergang vom karolingischen zum gotischen Dom ist das Thema der Untersuchungen von Andreas Odenthal. Er stellt in seinem Beitrag zunächst das komplexe System der Sakraltopografie des karolingischen Alten Domes mit seinen Altarpatrozinien und seiner Stationsliturgie sowie seine Einbindung in die Sakraltopografie der Stadt dar und zeigt dessen römische Vorbilder auf. In einem zweiten Schritt analysiert er, wie dieses System bereits durch die Übertragung der Dreikönigsreliquien verändert wurde und welche Kontinuitäten und Brüche schließlich bei der Übertragung des Systems vom doppelchörigen Alten Dom in den nur einchörigen gotischen Neubau festzustellen sind.

Stefan K. Langenbahn setzt sich schließlich in seinem Aufsatz mit dem Thomas-Becket-Patrozinium der 1277 durch Albertus Magnus geweihten Domsakristei auseinander. Er zeichnet dabei ein Bild von der Thomas-Becket-Verehrung in der Stadt Köln und im Rheinland von ihren Anfängen kurz nach dem Martyrium des Heiligen 1170 bis zum 19. Jahrhundert und geht unter anderem der Frage nach der Intention des Altar-Patroziniums nach, als dessen Urheber er Albertus Magnus ansieht. 

Auf die vier großen Beiträge folgen zwei kleinere Aufsätze. Der Beitrag von Thomas Eißing stellt in Ergänzung zum Aufsatz von Maren Lüpnitz die Ergebnisse der dendrochronologischen Untersuchung des Balkenrests im Chorobergaden dar. Der Aufsatz von Julia Noll widmet sich der Sifterscheibe des Christusfensters im Dom und einer Geburt-Christi-Scheibe aus St. Cäcilien, die sich heute im Glasdepot des Kölner Domes befindet. Dabei gelingt es ihr, beide Scheiben in Zusammenhang mit den Kreuzgangfenstern von St. Cäcilien zu bringen und die Figur der Stifterin mit Katharina von Brügge zu identifizieren.

Am Ende des Domblattes stehen, wie in allen Jahren, die Berichte des ZDV sowie vielfältige Berichte über die Ereignisse des vergangenen Jahres am Kölner Dom. 

Angaben zum Buch: 304 Seiten, 170 Abbildungen, Klappenbroschur, fadengeheftet, 17 x 24 cm, ISBN 978-3-9823582-2-2.

Das Kölner Domblatt ist zu einem Preis von 28,00 € im Buchhandel oder über den Kölner Domverlag www.koelner-domverlag.de erhältlich. Mitglieder des ZDV erhalten es als Jahresgabe.

Video zur Neuerscheinung Kölner Domblatt 2022 


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