Der Dom und ›die Juden‹-Wasserspeier

Am südlichen Kapellenpfeiler der Achskapelle gibt es einen aus der Bauzeit um 1300 stammenden Wasserspeier mit eindeutig antijüdischen Motiven.

Der Darstellung der sogenannten »Judensau« im Chorgestühl verwandt, stellt er ein auf den Hinterläufen hockendes Schwein dar, das an seinen Zitzen einen Mann säugt, der durch einen spitzen Hut als Jude identifiziert wird. Das Motiv hat vor allem in der Bauskulptur seit dem frühen 13. Jahrhundert weite Verbreitung gefunden. Etwa dreißig dieser Spottbilder sind heute noch an Kirchen und anderen öffentlichen Gebäuden vor allem im deutschsprachigen Raum nachweisbar.

Von solchen Darstellungen abgeleitete hetzerische Schimpfworte finden bis heute Verwendung. Insbesondere von den Nationalsozialisten wurden sie zum Zwecke der Verleumdung, Demütigung, Entmenschlichung und Hetze gebraucht.

Ohne bekannte Parallelen ist hingegen der Wasserspeier am Strebepfeiler zwischen der Michaels- und Agneskapelle. Seine Deutung ist daher bis heute in der Forschung umstritten. Das um 1300 entstandene Original wurde 1983/84 durch eine Kopie ersetzt; der judenfeindliche Charakter der Darstellung war zu dieser Zeit nicht bekannt. Der Wasserspeier stellt ein Mischwesen aus Tier und Mensch dar, dessen Unterkörper die Gestalt eines Paarhufers hat, den man als Schwein deuten kann. Das Haupt des menschlichen Oberkörpers wird von einem Tuch bedeckt, das an einen Tallit erinnert, den viereckigen jüdischen Gebetsschal mit Fransen. Dass die charakteristischen Schaufäden (hebr. Zizijoth) an den Ecken des Tuches fehlen, könnte angesichts des verwendeten groben Steinmaterials (Trachyt) und dem stark bewitterten Anbringungsort bildhauerische Gründe gehabt haben. Nach dieser Interpretation hätte die Darstellung am Dom gegenüber anderen Judensaudarstellungen eine nochmals gesteigerte Härte, da die Gestalt durch den tierischen Unterkörper im wahrsten Sinne des Wortes entmenschlicht wird.
Peter Füssenich

Wasserspeier in Form einer sogenannten »Judensau«
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Der Wasserspeier findet sich an prominenter Stelle im Bereich der Achskapelle des Kölner Domchores.

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